Zuflucht in Übersee

Das Unglaubliche ist eingetreten: Eine deutsche Familie erhält politisches Asyl in den USA. Ein amerikanisches Gericht urteilt, dass das Zufluchtsland für politisch Verfolgte selbst politisch Verfolgte produziert.

Wie konnte es dazu kommen? Schauen wir knapp 72 Jahre zurück. Am 6. Juli 1938 wurde in Deutschland das Reichsschulpflichtgesetz erlassen. Gleich in § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes wird dessen Zweck klar gemacht:

Im Deutschen Reich besteht allgemeine Schulpflicht. Sie sichert die Erziehung und Unterweisung der deutschen Jugend im Geiste des Nationalsozialismus. Ihr sind alle Kinder und Jugendlichen deutscher Staatsangehörigkeit unterworfen, die im Inlande ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Mit dem Reichsschulpflichtgesetz erlaubte sich der Staat erstmals, mit Polizeigewalt, Geldstrafen und Gefängnis gegen diejenigen vorzugehen, die ihre Kinder außerhalb von Schulgebäuden unterrichten ließen oder selbst unterrichteten. Das Reichsschulpflichtgesetz begründete einen deutschen Sonderweg, der bis heute beschritten wird.

Heute ist es für die meisten Deutschen unvorstellbar, dass Unterricht zu Hause, oftmals ohne Fachpersonal, funktionieren kann und erlaubt sein sollte. Tatsächlich ist aber dieses sogenannte Homeschooling in vielen Ländern legal und funktioniert bestens. Mehr noch, es handelt sich bei Homeschooling um ein Menschenrecht. Der Grund ist, dass Eltern das Recht haben, ihre Kinder zu erziehen. Und zur Erziehung gehört auch die Bildung der Kinder sowie die Weitergabe der eigenen Werte und Überzeugungen.

Von diesem Recht wollten auch Uwe und Hannelore Romeike Gebrauch machen. Sie nahmen ihre fünf Kinder von der Schule und unterrichteten sie fortan zu Hause. Als die staatlichen Zwangsmaßnahmen begannen, beantragten sie politisches Asyl in den USA. Es wurde ihnen gewährt. Berichte darüber gab es u.a. von der Freien Welt und von idea.

Ist nun der Wirbel um den Schulzwang in Deutschland berechtigt oder haben die Romeikes und das amerikanische Gericht einfach nur überspannte Ansichten? Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es für uns Deutsche ist, die Kritik am Schulzwang zu verstehen. Schließlich haben wir von Kind auf gelernt, dass an der Schule kein Weg vorbei führt, wenn man nicht als Analphabet enden möchte. Alternativen zum Schulunterricht haben wir nie kennen gelernt.

Eine hervorragende Horizonterweiterung bieten da ein Interview mit Dagmar Neubronner sowie ein von ihr geschriebener Blogartikel. Frau Neubronner erläutert dort, warum die Legalisierung von Bildungsalternativen so wichtig ist, und geht auf typische Argumente gegen Homeschooling ein. Ich kann die Lektüre nur wärmstens empfehlen. Ebenfalls interessant ist ein Blogartikel von André F. Lichtschlag zum Thema.

6 Gedanken zu „Zuflucht in Übersee

  1. Alex

    Nun im Falle dieser Familie ist sicher noch nicht das letzte Wort gesprochen was die politische Ebene anbelangt. Was heißt hier „Freie Welt und idea berichten“, dies sind doch selbst ev. Wurstblätter. Egal aus welcher Zeit dieses Gesetz stammt, heut macht es um so mehr Sinn, damit alle Kinder dieses Landes erfahren dass es einen Mann namens Jesus und einen anderen namens Charles Darwin gab – und so soll es bleiben – sorgen wir dafür!

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    1. Norbert

      Wenn es als Satire gemeint ist, dann fehlt mir die Pointe. Wenn nicht, dann sind es genau diese, angelernten, Grundwerte, die es nötig machen, dass, „in diesem unserem Lande“, Menschen genötigt werden Schutz vor staatlicher Allmachstphantasie in fremden Ländern zu suchen.

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  2. loyalbushie

    Auf meinem Blog gibt`s auch noch ein Bisschen Senf zu dem Thema:

    Asyl für Homeschooling-Eltern

    „dass es einen Mann namens Jesus und einen anderen namens Charles Darwin gab“

    Wenn wir jetzt alle Religionsgründer konsequent auf eine Stufe stellen, dann enden wir eines Tages auch noch bei der obligatorischen schulischen Behandlung von Charlie Manson oder Sri Chimnoy.

    Rechtfertigt das Ziel, Schülern die Theorien eines Charles Darwin nahezubringen, auch Haftstrafen für Eltern oder Kindesentzug? Wozu eigentlich? Wird man ein besserer CNC-Dreher, Fräser, Betriebswirt oder Konzertpianist, wenn man die Evolutionstheorie kennt? Wenn ja, sollte man vielleicht den Vorschlag des autorinnenkollektivs dr. hilde benjamin aufgreifen, das Haydn-Oratorium „Die Schöpfung“ in „Die Evolution“ umzubenennen…

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